14. Dezember – Winnies Plan

Winnie stellt sich vor, wie sie eingerollt auf einer weichen Decke unter dem Weihnachtsbaum liegt und es im ganzen Haus nach Punsch und Plätzchen duftet. Wie sich ihr Mensch zu ihr herunterbeugt, ihren Nacken krault und ihr ein großes Stück ihrer Lieblingswurst serviert. Eine Extrawurst – die ist nämlich extra für sie. Im Hintergrund verströmt der Kamin eine wohlige Wärme.

„So könnte es funktionieren“, schießt es ihr durch den Kopf.

Winnie ist eine kleine Hundedame, deren Plan es ist, dieses Jahr den Weihnachtsbaum abzuräumen. Dafür muss sie aber erst die Umgebung auskundschaften und sich unauffällig vor dem Christbaum platzieren.

„Du bist ja brav, Mäuschen,“ sagt ihr Mensch im Vorbeigehen zu ihr.

Winnie wedelt mit ihrem Schwanz, bekommt ein Leckerli und weiß, dass ihr Mensch nichts von ihrem Plan ahnt.

Das Energiebündel hat schwarzes Fell, zwei braune Pünktchen über den Augen und riesige Segelohren. Was sie sich in den Kopf setzt, versucht sie mit allen Mitteln zu erreichen.

Die Weihnachtszeit bringt jedes Jahr eine Menge Leckereien mit sich. Lebkuchen mag Winnie am liebsten. Kein Wunder, dass sie schon beim Backen mit großen Augen und wedelndem Schwanz in der Küche steht und davon naschen will!

Ihre Menschen backen die Lebkuchen sogar nach einem speziellen Rezept, damit auch Winnie davon mitnaschen darf, ohne dass es ihr schadet, und am 24. Dezember bekommt sie eine Kostprobe. Es ist immer eine Geschmacksexplosion, daher möchte sie dieses Jahr mehr davon haben. Mit genau diesen Lebkuchen wird nämlich der Weihnachtsbaum geschmückt.

Zum Glück hat sie Unterstützung. Ihr Artgenosse Pepsy wohnt im selben Haus wie Winnie. Er ist pure Freude auf vier Pfoten. Sein Schwanz wedelt ohne Pause und er stupst seine Menschen ununterbrochen an, damit sie ihn streicheln. Er ist das perfekte Ablenkungsmanöver, kann Schmiere stehen und Streicheleinheiten einfordern.

Sobald der Baum aufgeputzt ist, starten die beiden einen Probedurchgang. Pepsy positioniert sich vor der Wohnzimmertür und Winnie versucht, ein Lebkuchenmännchen vom Baum zu stibitzen. Aber der Baum pikst sie durch ihr Fell. So hat sie sich das nun wirklich nicht vorgestellt! Egal – nur noch zwei Zentimeter, dann kann sie das Objekt der Begierde mit ihrem Mäulchen erreichen. Sie springt am Baum hoch und bekommt die Köstlichkeit zu fassen. „Hurra“, hört sie ihre eigene Stimme in ihrem Kopf. Doch womit sie nicht gerechnet hat, ist, dass der Lebkuchen am Baum festgebunden ist und dieser seinen Halt verliert. Der Nadelbaum kippt in Zeitlupe um und fällt auf sie drauf. Sie jault vor Schrecken. Das läuft aber ganz anders als der Plan es vorgesehen hat – und dann wird sie auch noch unter dem Baum begraben! Alle Menschen kommen aus den anderen Zimmern gerannt und Pepsy stupst sie bei der Tür zum Wohnzimmer fleißig in die Kniekehle, denn das ist schließlich sein Job. Der intelligenteste Hund ist er ja nicht, denn sonst hätte er schon bemerkt, dass der Plan fehlgeschlagen ist.

„Warum ist denn der Baum umgefallen?“, fragt ein Mensch.

„Keine Ahnung, ich habe ihn wirklich gut im Christbaumständer festgemacht. Hilf mir, ihn wieder aufzustellen“, antwortet ein anderer Mensch.

Und als sie den Baum heben, sehen sie den Grund für seinen Absturz. Unter dem Baum liegt Winnie, alle vier Pfoten von sich gestreckt und genüsslich an dem Lebkuchen nuckelnd, den sie ergattert hat. Ihre Augen strahlen und ihr Schwanz ist am Wedeln. Sie genießt den Moment sichtlich.

Bei diesem Anblick geht ein Schmunzeln über alle Gesichter. Alle sind sich einig, dass Weihnachten mit Baum im Wohnzimmer und diesen intensiven Gerüchen in der Luft definitiv eine Herausforderung für jede Hundeseele sein muss. Trotzdem ist der Hund so fröhlich. Was ist nur ihr Geheimrezept?

Nachdem sie den Baum wieder aufgestellt haben, nimmt sich die ganze Familie einen Lebkuchen, legt sich auf den Boden, streckt Arme und Beine von sich und macht es Winnie nach. Sofort strahlen alle Augen. Es sind oft die kleinen Dinge, die große Wirkung haben!