Emils Schneemann

von Barbara Miklosch

„Es hat geneit, es hat geneit!!“, ruft Emil freudig. Er hüpft auf Noahs Bett herum und freut sich riesig. Noah ist Emils großer Bruder und möchte eigentlich noch schlafen.

Aber es hat die ganze Nacht über geschneit und Emil liebt den Schnee. Er kann es gar nicht erwarten, in den Garten zu gehen und einen Schneemann zu bauen.

Morgen ist der Heilige Abend und Emils größter Wunsch an das Christkind war natürlich, dass es schneit. Das Christkind hat ihm den Wunsch erfüllt. Ganz zappelig sitzt Emil beim Frühstück, eigentlich möchte er ja gar nichts essen. Viel lieber wäre ihm, wenn er schon endlich raus könnte. Mama hat aber gesagt, dass man mit leerem Magen keinen Schneemann bauen kann, also hat Emil sich dazu überreden lassen, doch etwas zu frühstücken. Noah bekommt seine Augen noch gar nicht wirklich auf und würde am liebsten wieder ins Bett gehen. Aber weil er seinen kleinen Bruder so liebhat, möchte er ihm eine Freude machen.

Die beiden brauchen fast den ganzen Vormittag, um den Schneemann zu bauen. Der ist sogar größer als der kleine Emil. Er hat, wie es sich gehört, zwei große Knöpfe als Augen, eine Karotte als Nase und ein paar Steine aus Mamas Vorgarten als Mund. Den Hut und den Schal mopsen sich die Buben aus Papas Garderobe.

Der Schneemann ist einfach perfekt und Emil bewundert ihn noch einmal, bevor er ins Bett geht. „Mama, der Neemann soll nicht melzen in der  Nacht“, sagt Emil traurig. Im letzten Jahr haben die beiden auch einen gebaut und der war über Nacht davongeschmolzen. Sanft streicht Mama dem Jungen über die wuscheligen Haare. „Ich glaube, dass euer Schneemann etwas ganz Besonderes ist, er schmilzt bestimmt nicht. Du wirst sehen, er wird sicher bis zum Weihnachtsfest da sein.“

Am frühen Morgen stolpert Emil aus dem Bett, um beim Fenster rauszusehen. Er ist enttäuscht. Der Schneemann ist weg. Weil er so traurig darüber ist, beginnt Emil ganz bitterlich zu weinen. Er kann sich gar nicht mehr beruhigen und hofft, dass gleich jemand zur Türe reinkommt. Diese geht auch just in diesem Moment auf, aber da steht… Na, was glaubst du? Ja – da steht der Schneemann! Mit einem freundlichen Lächeln kommt er auf Emil zu und klopft ihm auf die Schulter. „Warum weinst du?“, fragt er. Ganz verdutzt blickt der Junge den riesigen Schneemann an. „Du bist nicht gemelzt?!“, ruft Emil freudig. Er kann es kaum glauben – sein Werk steht in seinem Zimmer und spricht mit ihm. Wie aufregend! Lange unterhalten sich die beiden und spielen einige Spiele miteinander. Es ist fast so wie früher, als Noah noch mit seinem kleinen Bruder gespielt und herumgealbert hat. Nach einiger Zeit ist Emil richtig müde und der Schneemann schlägt ihm vor, sich ein wenig hinzulegen. Er verspricht ganz fest, auch später noch da zu sein. Emils Augen sind schon schwer und fallen ihm gleich zu.

Als er wieder aufwacht, sucht er sofort nach dem Schneemann. Der ist nicht im Zimmer, also schaut der Bub aus dem Fenster. Und da steht er: genau so, wie Emil und Noah ihn gestern verlassen haben. Er sieht nicht mehr so aus, als könne er mit Emil sprechen. Der Junge hüpft schnell in seine Skihose, als er plötzlich bemerkt, dass seine Socken nass sind. Und da ist ein großer Wasserfleck auf dem Boden. Ohne darüber nachzudenken, läuft er in den Garten und ruft: „Hallo Neemann, ich bin ausgelafen!“ Doch der Schneemann gibt ihm keine Antwort. Er schenkt ihm nur sein steinernes Lächeln.

Abends nach der Bescherung erzählt Emil alles seiner Oma. „Die Zeit mit deinem Schneemann war bestimmt ein Geschenk vom Christkind“, sagt sie augenzwinkernd.

Barbara Miklosch ist Mentaltrainerin, Franchisemanagerin und angehende Ghostwriterin.
Du findest sie unter www.mentwal.at

Sie schreibt und liest gerne und liebt Spieleabende.

Gerade die Adventzeit findet Babsi sehr romantisch – es ist für sie die schönste Zeit im Jahr. Weihnachten hat etwas Magisches für sie, und sie bastelt alle Adventkalender für ihre Lieben selbst.

Ab März 2022 kannst du mehr über sie in ihrem Ghostwriterportrait lesen.