Die Freunde feiern wieder Weihnachten
von Monika Lexa
von Monika Lexa
Im letzten Jahr hatte der kleine Spatzenbub Harry die Weihnachtszeit gehasst. Da war es ihm nämlich besonders aufgefallen, dass er allein war. Dann hatte er kurz vor Weihnachten den kleinen, roten Fuchs Friedrich getroffen. Und dann war noch das schwarze Häschen Hanna zu ihnen gestoßen.
Und nun liebte Harry die Weihnachtszeit. Gemeinsam mit dem feuerroten Fuchs und der rabenschwarzen Hanna sammelte der kleine Spatz Reisig und Tannenzapfen und andere Dinge, die man halt so zu Weihnachten braucht.
Friedrich war – natürlich ganz langsam, denn er bekam ja nicht so gut Luft – ins nächste Dorf gelaufen und hatte dort einige alte Christbaumkugeln gefunden. Die hatte jemand auf den Mistplatz gebracht, weil er sie wohl nicht mehr brauchte. Der rote Fuchs aber jubelte laut: „Das können wir auf unseren Weihnachtsbaum hängen!“ Dann hielt er sich schnell selbst mit beiden roten Pfoten die kleine Schnauze zu. Er wollte schließlich nicht entdeckt werden.
Aber dafür war es zu spät. Jemand tippte Friedrich auf die Schulter und vor lauter Schreck ließ der Fuchs die gesammelten Christbaumkugeln fallen. Er drehte sich blitzschnell um und … da stand ein kleines, rotes Eichhörnchen vor ihm. Vor dem Eichhörnchen lag ein Haufen Nüsse.
„Du hast einen Weihnachtsbaum?“, fragte das Eichhörnchen und sah Friedrich mit großen Knopfaugen an.
Friedrich nickte wild, aber stumm, denn er brachte kein Wort heraus, so sehr saß ihm der Schreck noch in den Knochen.
„Mit wem feierst du Weihnachten?“, wollte das Eichhörnchen wissen.
Bevor er antworten konnte, sah Friedrich, dass das Eichhörnchen ein Ohr hatte, das viel kleiner war als das andere. „Mit meinen Freunden Harry und Hanna“, sagte der Fuchs schließlich, immer noch sehr leise.
Das Eichhörnchen blickte ihn traurig an. „Du hast Glück, dass du Freunde hast. Ich habe keine!“
Friedrich war nun gar nicht mehr erschrocken, sondern spürte sein Herz vor lauter Freude aufgeregt schlagen. Vielleicht hatte er soeben einen neuen Freund für die Gruppe gefunden. Er lachte das Eichhörnchen an. „Magst du mit uns Weihnachten feiern?“
Das Eichhörnen sah ihn erstaunt, ja fast schon ungläubig, an. „Meinst du das ernst? Schau mich an! Ich habe nur ein Ohr, das richtig ist. Das andere ist klein und kaputt. Deswegen mag mich auch niemand.“
Nun lachte Friedrich laut auf. „Ach Eichhörnchen! Ich bekomme ganz schlecht Luft und Harry, der Spatz, hat nur einen gesunden Flügel. Und Hanna, das Häschen, hat auf der rechten Seite keine Schnurhaare. Du passt sehr gut zu uns. Und … wie heißt du überhaupt?“
„Ich bin Emilia“, sagte das Eichhörnchen. „Und ich wäre so gerne eure Freundin.“
Häschen Hanna war in der Zwischenzeit mit Harry am Rücken zum nahegelegenen Friedhof gehoppelt, wo sie bei den Mülltonnen nach alten, aber noch brauchbaren Kerzen suchen wollten. Harry war von Hannas Rücken auf eine kleine Mauer gesprungen. Seine Aufgabe war es, von oben die Kerzen zu erspähen und Hanna sollte sie einsammeln. Plötzlich raschelte es neben ihnen. Harry purzelte vor Schreck gleich von der Mauer und Hanna verschwand blitzschnell in einem Blätterhaufen.
Während Harry auf dem Boden herumzappelte und versuchte, so schnell wie möglich wieder auf die Spatzenbeinchen zu kommen, schaute er plötzlich direkt in die pechschwarzen Augen einer grünen Giftnatter.
„Du … du … du bist eine Schlange“, stotterte Harry ganz leise.
Die Natter sah ihn mit schiefem Kopf an und fast schien es, als würde sie Harry anlächeln. Harry sah genau hin. Ja, in der Tat! Die Schlange grinste ihn an.
„Ja, ich bin eine Ssschlange“, sagte die Natter grinsend. Doch gleich darauf machte sie ein trauriges Gesicht. „Ich bin eine Giftnatter. Aber ich habe keine Giftsssähne. Dessshalb mögen mich die anderen Nattern nicht. Die sssagen, ich bin gar keine echte Ssschlange.“
Harry rappelte sich auf und legte der Schlange tröstend seinen gesunden Flügel auf den Kopf. „Schau, Natter, ich habe einen kaputten Flügel. Mich wollte auch keiner. Und dann hab ich den Fuchs Friedrich und das Häschen Hanna getroffen. Und jetzt feiern wir gemeinsam Weihnachten.“ Er streichelte der Schlange über den Kopf. „Magst du mit uns mitfeiern? Wie heißt du denn überhaupt?“
„Ich bin Sssebastian“, sagte die Natter und schmiegte ihren Kopf an Harrys Flügel. „Und ich möchte sssehr gerne mit euch feiern. Ich habe mir ssschon sssooooo lange Freunde gewünssscht.“
Plötzlich steckte Hanna ihr Köpfchen aus dem Blätterhaufen laut heraus: „Ich bin das Häschen Hanna. Herzlich willkommen, Sebastian!“
Gemeinsam machten sich Harry, Hanna und Sebastian auf den Heimweg. Dort trafen sie Friedrich und Emilia, die bereits begonnen hatten, den Christbaum mit den bunten Kugeln zu schmücken. Die Kerzen stellten sie unter den Baum und legten das Reisig und die Tannenzapfen dazu. Emilia verteilte ihre Nüsse, sodass jeder der Freunde etwas zu knabbern hatte.
Harry schaute seine Freunde an und spürte das Glück in seinem kleinen Spatzenherz ganz groß werden. Denn er wusste: Das waren mehr als Freunde. Das war seine Familie.
Und wer weiß, vielleicht würde sie sogar noch größer werden.
Monika Lexa ist Lehrgangsleiterin des Ghostwriterlehrgangs, Mentaltrainerin, Fachtrainerin und hat sich auf Autor:innen spezialisiert, die sich mit dem eigenen Buch noch nicht so recht raustrauen. Unter dem Titel „Mut zum eigenen Buch“ hält sie Workshops und Vorträge für Autorenverbände und Privatpersonen im gesamten deutschen Sprachraum.
Mehr zu ihr findest du unter monikalexa.com.
Foto: Rossart Fotografie